Themenschwerpunkt: Lesbische Sichtbarkeit, #idpet
Twittername: @Nele_Tabler
Webseite/Blog: http://www.karnele.de + http://goldenermedienpimmel.de/
Sprache/n: Deutsch
Stadt: Odenwald
Land: Deutschland
Themen: twitter, homosexualität, idpet, lesben, lsbttiq, bildungsplan, ländlicher raum, lgbt*
Vorträge / Referenzen:
Am 7.11. fand im Rahmen der Aktionstage gegen Sexismus und Homophobie an der TU-Dresden eine Veranstaltung über die Unsichtbarkeit von Lesben in den Medien statt. Eingeladen waren die Journalistin und Kommunikationswissenschaftlerin Elke Amberg, die Bloggerin und Autorin Nele Tabler (karnele.de) sowie Daniela Zysk (Co-Gründerin von phenomenelle.de, Mitautorin des Leitfadens „Schöner Schreiben über Lesben und Schwule“). Ausschnitte aus dem Vortrag und der Diskussion.
Die Pläne der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg, dem Thema Homosexualität einen größeren Stellenwert in den Schulen zu geben und mehr Aufklärung über Homosexualität im Unterricht zu leisten stoßen auf den Widerstand der konservativen Opposition und der Kirchen des Landes. Eine Online-Petition und Demonstrationen machten gegen die Absicht der Landesregierung, die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ als Ziel im Bildungsplan 2015 festzuschreiben, mobil. Die Kirchen lehnen die geplante Leitlinie mit der Begründung ab, die Schüler würden „indoktriniert“. Auch im Stuttgarter Landtag wurde mit gewichtigen Schlagworten wie Toleranz, Respekt, Achtung sehr grundlegend über den umstrittenen Bildungsplan der Landesregierung debattiert. Soll die Akzeptanz sexueller Vielfalt stärker als bisher zum Unterrichtsthema werden? Grün-Rot und Schwarz-Gelb prallten bei diesem Thema unversöhnlich aufeinander. Doch die Homosexuellen wollen keine Sonderrechte, sondern Normalität. Neben diesem Streitthema soll auf Realität und Alltag an unseren Schulen eingegangen werden und inwiefern Diskriminierung noch immer spürbar ist.
Lesben kommen in den Medien meist nur vor, wenn sich mit ihnen gleichzeitig Erotik verkaufen lässt („Bauer sucht Frau), sie Fantasien männlicher Heteros bedienen (zwei Frauen „verwöhnen“ einen Mann) oder man sich über sie lustig machen kann, Stichwort „Lesbenfriedhof“. Ihre Meinung zu politischen Themen interessiert noch nicht einmal dann, wenn es ausdrücklich um LSBTTIQ Rechte geht, lesbische Politikerinnen sind im Gegensatz zu schwulen Politkern praktisch unbekannt. Schwulenehe, Schwulenparaden und schwule Fußballer bestimmen die Schlagzeilen, während die Existenz von Lesben ignoriert wird. Manchmal kann diese Unsichtbarkeit vielleicht noch als ärgerlich abgetan werden, aber in Asylverfahren wird sie für Lesben lebensgefährlich: keine lesbische Identität → keine Verfolgung → kein Asyl.
In der öffentlichen Debatte über Homosexualität fällt auf, dass Lesben nicht auffallen. Wichtige Vorkämpferinnen für die Gleichberechtigung Homosexueller wie Jutta Schwerin sind kaum bekannt – die prominenten Gesichter sind die von schwulen Männern. In der Berichterstattung über Homosexualität z.B. in der Reform der Ehe, gelangt häufig nur das Wort „schwul“ in die Schlagzeilen. Die Netzfeministin und Bloggerin Nele Tabler hat ihren Vortrag auf dem 2. Heidelberger Ladyfest (9.-12.7.2014) der (Nicht)sichtbarkeit von Lesben in Medien und Politik gewidmet. Im Interview mit dem bermuda.funk erzählt sie, was sie dazu brachte, über diese Ungleichheit der Repräsentanz „der community“ zu sprechen und was man dagegen tun kann.
Baden-Württemberg war das letzte Bundesland gewesen, in dem sich homosexuelle Paare ihr (Verpartnerungs-)Jawort nicht auf dem Standesamt geben durften, sondern zur KFZ Meldestelle oder dem Gesundheitsamt geschickt wurden.
Nach dem überraschenden Regierungswechsel 2011 veränderte sich in kurzer Zeit gesellschaftspolitisch viel, ganz besonders in Sachen LSBTTIQ.
Mit einer angedachten Bildungsplanreform 2015 sollte die Akzeptanz „Sexueller Vielfalt“ in die fünf Leitprinzipien (Berufliche Orientierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Medienbildung, Prävention/ Gesundheitsförderung, Verbraucherbildung) eingearbeitet und künftig in Schulen thematisiert werden.
Gewisse Kreise und Zeitungen sprachen von „Schwulsein wird Schulfach“ und Protest formierte sich. Ein Realschullehrer startete im November 2013 eine Petition gegen die Verankerung von sexueller Vielfalt im Bildungsplan. Die erste Fassung wurde wegen Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen
abgelehnt. In der Zweiten wurden die Vorurteile gegen und Lügen über LSBTTIQ (Lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender,
intersexuelle und queere Menschen) soweit kaschiert, dass die Plattform-Betreiber die Petition veröffentlichten.
Beinah 200000 Menschen unterschrieben innerhalb weniger Wochen die Petition. Die Plattform ließ (zunächst) unmoderierte Kommentare zu, was viele
Unterzeichner/innen nutzten, um ihrem Unmut über LSBTTIQ Menschen Luft zu machen, diese zu beleidigen und ihnen teils offen zu drohen. Es folgten
Demonstrationen „besorgter Eltern“, bis die Landesregierung schließlich angekündigte, den Bildungsplan noch einmal überarbeiten zu wollen und das
ganze Vorhaben in die nächste Legislaturperiode verschob.
Eine Aufgabe für die Netzpolitik: Wie bekommt man direkte Demokratie und Minderheitenschutz unter einen Hut? -- Petitionen, insbesondere Online-Petitionen, haben das Image, ein gutes Instrument für den Kampf um Gerechtigkeit zu sein. Was aber, wenn das Instrument der Online-Petition dazu genutzt wird, Stimmung gegen Minderheiten zu machen? Am Beispiel der Petition "Zukunft -- Verantwortung -- Lernen: Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens" #idpet auf dem Portal von openPetition zeigen wir, was passiert, wenn Hatespeech mit freier Meinungsäußerung verwechselt wird.
Vortrag zusammen mit Andrea Meyer
Wie lesbische und schwule Themen in die Medien kommen. Jahrestagung lesbischer und schwuler
Journalist_innen, Medienleute und Blogger_innen